Prinzip der Hard-Sync-Klangerzeugung
Das Hard-Sync-Verfahren bringt einen Oszillator bzw. VCO dazu, ein besonders oberwellenhaltiges, aggressives Tonsignal zu erzeugen, dessen Gehalt an Harmonischen weit über den eines Sägezahn- oder Rechtecksignals hinausgeht.
Zur Realisierung des Hard-Sync-Verfahrens werden zwei Oszillatoren benötigt. Ein Master-Oszillator ist für die Grundfrequenz des erzeugten Tones verantwortlich und muss ein Signal mit kurzen Pulsen erzeugen. Der Slave Oszillator sollte möglichst auf einer höheren Frequenz schwingen und kann eine beliebige Wellenform erzeugen, wobei sich z.B. ein Dreieck-Signal als günstig erwiesen hat.
Nun muss man den Master-Oszillator nur noch dazu bringen, dass er mit jedem seiner schmalen Pulse den Slave-Oszillator neu startet (triggert). Ja nach Verhältnis der Periodendauer beider Signale ergeben sich unterschiedliche Wellenformen, die jedoch grundsätzlich dasselbe Muster aufweisen (Bild oben): Mehrere Wellenzüge des Slave-Signals. Der letzte Wellenzug bricht irgendwo mitten in der Periode ab, so dass zum Beispiel, wie im Bild oben zu sehen, zwei und eine halbe Periode des Dreiecksignals erzeugt werden, wobei die halbe Dreieck-Periode mit einer Sägezahn-Periode doppelter Frequenz gleichgesetzt werden kann. Dieses Muster wird zu einer einzigen Periode eines neu erzeugten Signals. Je höher die Slave-Frequenz im Verhältnis zur Master-Frequenz, desto mehr Slave-Perioden befinden sich in einer Periode des neu erzeugten Signals.
Damit sich der Klang des Hard-Sync-Signals nicht ändert, muss das ein Mal gewählte Verhältnis beim Spielen auf dem Keyboard bestehen bleiben (es sei denn, man möchte ganz gezielt Spezialeffekte erzeugen). Das bedeutet: Beide Oszillatoren müssen durch die Keyboard-Spannung gesteuert werden - und beide Oszillatoren müssen zusätzlich unabhängig verstimmbar sein.
Die wahrgenommene Tonhöhe wird durch den auf niedrigerer Frequenz schwingenden Master-Oszillator bestimmt. Das erscheint zunächst paradox, da, wie man im Bild oben erkennt, in den Perioden dieses neu erzeugten Signals das Slave Signal dominiert. Wenn also die Tonhöhe eines durch Hard-Sync erzeugten Signals geändert werden soll, muss dies am Master-Oszillator erfolgen. Wenn man die Slave-Frequenz im Verhältnis zur Master-Frequenz ändert, dann ändert sich der Klang. Dies hört sich ganz ähnlich an wie bei einem kurz vor dem Schwingungseinsatz stehenden Filter, das durch ein Pulssignal angesteuert wird. Das ist eigentlich nicht sehr verwunderlich, denn beide Signale weisen eine gewisse Ähnlichkeit auf. Das Merkwürdige ist, dass man bei konstanter Erhöhung der Slave-Frequenz keine konstante Erhöhung der Obertöne wahrnimmt, sondern Frequenzsprünge, die genau der Zunahme um ganze Perioden im Slave-Signal entsprechen. Mit anderen Worten: Erst wenn eine komplette neue Periode (und nicht eine abgeschnittene) in die vom Master vorgegebene Zeitspanne passt, nimmt unser Ohr einen Frequenzunterschied in Form eines Sprunges wahr. Durch eine Veränderung des Master-Slave-Frequenzverhältnisses lassen sich ähnliche Effekte hervorrufen, wie sie auch von einem spannungsgesteuerten Filter erzeugt werden.
Wie klingt's denn nun?
Wer möglichst obertonhaltige Klänge erzeugen möchte, sollte das Frequenzverhältnis so wählen, dass ein möglichst großer Sprung zum Reset-Zeitpunkt erfolgt, also zum Beispiel wie beim oben gezeigten, halben Sägezahn. Bei allen anderen Kombinationen wird der Grundton leiser und der durch das Slave-Signal vorgegebene Oberton nimmt an (scheinbarer) Intensität zu. Wenn sich mehrere Slave-Perioden im Signal befinden, ergibt sich ein nasaler Sound, der an das bei Stevie Wonders Stück "Superstition" verwendete E-Piano (soweit ich weiß ein Gerät der Marke Hohner) erinnert. Beim langsamen Verringern der Slave-Frequenz (im Extremfall bis zu dem Punkt, an dem nur noch eine plus eine angebrochene Periode oder weniger als eine Periode des Slave-Signals vorhanden ist) entstehen abwechselnd stark oberwellenhaltige und oberwellenarme Töne, die je nach Frequenzverhältnis wie die Laute von Kühen oder Schafen ("Blöken"), zum Teil wie Vokale oder wie ein Ringmodulator und zum Teil wie reine Sägezahntöne klingen. Klänge sind mit Worten nun einmal nur schwer zu beschreiben. Hier geht probieren über studieren. Für Experimentierfreudige auf jeden Fall ein interessantes Betätigungsfeld.
Hardware
Mit zwei der an anderer Stelle auf dieser Webseite beschriebenen Oszillatoren lässt sich das Hard-Sync-Verfahren relativ schnell realisieren: Am Master Oszillator greift man die Steuerimpulse für den CMOS-Schalter im Sägezahn-Konverter von VCO1 ab und leitet sie (rot gezeichnete Leitung) zum Steuereingang (z.B. Pin 13) eines weiteren ICs des Typs CD4066, Die beiden Anschlüsse des Schalters (Pin 1 und 2) werden mit den beiden Enden des Integrationskondensators in dem zusätzlichen, externen Dreieck-Oszillator verbunden (VCO2). Bei jedem kurzen Impuls aus VCO1 wird der Kondensator in VCO 2 entladen - das Dreiecksignal wird mitten in seiner Periode abgebrochen und neu gestartet. Der (Kipp-) Schalter zum Ein- und Ausschalten des Hard-Sync-Effektes kann in der von VCO1 kommenden Steuerleitung untergebracht werden. Zur Vermeidung von Störungen ist der 100-k-Widerstand zwischen Steuereingang und Masse beim zusätzlich CMOS-Schalter unbedingt notwendig.
Achten Sie darauf, dass es sich um ein zusätzliches IC und nicht um einen freien Schalter in den bereits verwendeten 4066-Exemplaren handelt. Ich habe es zwar nicht getestet, aber es könnte zu Störungen durch Übersprech-Effekte kommen.
Wichtig: Das mittels Hard-Sync erzeugte Audio-Signal wird natürlich am Ausgang des Slave - und NICHT des Master-Oszillators ausgekoppelt (rechts oben im Schaltbild hinter dem 3,3 µF-Kondensator). Ist der rot gezeichnete Schalter geöffnet, dann verhalten sich die Oszillatoren wie gewohnt.
Ich muss zugeben, dass ich einigermaßen verwundert war, dass die Sache auf Anhieb funktionierte. Erfahrungsgenäß geht beim Experimentieren (laut Murphy's Law) nicht immer alles so glatt vonstatten und es treten häufig unerwartete Probleme auf.